Was hatten Sokrates, Alexander der Große und Hemingway gemein? Sie alle gehörten zu den vielen Menschen, die unter Epilepsie leiden. Der klassische epileptische Anfall entsteht durch ein ungewöhnlich gleich frequentiertes Funken der Gehirnzellen und besteht aus einem plötzlichen Bewusstseinsverlust. Kommt man später wieder zu sich, hat man keine Ahnung davon, wie lange man bewusstlos war. Dies ist ähnlich wie beim Schlafen: Wenn man ganz plötzlich irgendwann in der Nacht geweckt wird und gefragt wird, wie lange man geschlafen hat, kann man dies meist nicht genau sagen. Auch was während des Anfalls passiert ist, weiß man nicht. Danach merkt der Patient häufig, dass er sich dabei kräftige Blutergüsse oder Platzwunden zugezogen hat und ein Schmerz in den Muskeln ähnlich einem Muskelkater spürt. Auch, dass man sich auf die Zunge gebissen hat oder in die Hose gemacht hat, kommt dabei häufig vor.
Ablauf eines epileptischen Anfalls
Bei einem Umfallen wegen des Kreislaufs merkt der Patient meist vorher, dass ihm schwarz wird vor den Augen, ihm wird schwummerig, hört dabei wie durch Watte. Meist merkt der Patient, dass die Beine schwach werden und er versucht sich noch zu setzen.
Dies ist das Problem bei Anfällen: Sie kündigen sich meist nicht an und kommen urplötzlich, ohne dass der Patient darauf reagieren kann. Weil dann die normalen Schutzreflexe – wie das Abstützen mit den Händen oder das Verbergen des Kopfes – nicht mehr funktionieren, verletzt sich der Patient häufig beim Fallen. Der Anfall selber ist eigentlich nicht das Gefährliche, sondern die Verletzung bei dem Sturz. Der Anfall kommt leider plötzlich, egal ob man gerade auf einer Leiter steht oder beim Schwimmen ist.
Für Außenstehende stellt sich der Anfall ganz anders dar: Der Patient stößt oft einen Laut aus, der Blick wird glasig, die Augen bleiben aber offen (gutes Merkmal, um einen Anfall von einem Kreislaufkollaps zu unterscheiden). Dann fällt der Patient zu Boden und beginnt rhythmisch mit Armen und Beinen zu zucken. Dies dauert etwa eine bis wenige Minuten. Dann werden die Arme und Beine für etwa eine Minute steif vom Körper gehalten. Der Patient wacht langsam wieder auf, ist aber noch durcheinander und antwortet verworren auf Fragen – er benötigt einige Minuten bis er im Kopf wieder klar ist. Zum Vergleich: Beim Kreislaufkollaps ist der Patient schon nach einigen Sekunden wieder voll da.
Nach dem Anfall ist die Person häufig erschöpft und möchte schlafen. Es gibt aber auch kleine Anfälle, die ohne den Sturz und das Zucken nur mit einer Bewusstseinstrübung für mehrere Sekunden bis Minuten einhergehen, häufig kann sich der Patient selbst gar nicht sicher erinnern, was gerade passiert ist, sondern wird von Angehörigen oder Freunden angesprochen, ob er überhaupt zuhört oder was los sei.
Ursachen einer Epilepsie
Sehr häufig ist eine Epilepsie nicht angeboren oder familiär bedingt, sondern es gibt erworbene Formen auch im höheren Alter. Narben im Gehirn können bewirken, dass sich eine Epilepsie bildet. Dabei ist die Ursache für die Narbe nicht wichtig. Narben im Gehirn können durch einen Schlaganfall, Hirnblutungen bei geplatzten Arterien, Entzündungen im Gehirn oder Unfällen mit Kopfverletzungen entstehen. Wenig Schlaf, Flackerlicht oder ein sinkender Alkoholspiegel setzen die Schwelle, bei der es zu Anfällen kommt, herab. Theoretisch könnte man also bei jedem Menschen, vorausgesetzt man lässt ihn mehrere Tage nicht schlafen und verabreicht ihm reichlich Alkohohl, einen epileptischen Krampfanfall auslösen. Es gibt also keine echten Epileptiker, sondern nur unterschiedliche individuelle Anfallsschwellen bei jedem Menschen.
Viele berühmte Personen der Weltgeschichte hatten eine Epilepsie: Sokrates, Alexander der Große, Cäsar, Moliere, Napoleon, Dostojewski, Lenin und Hemingway, um nur einige zu nennen. Das heißt, dass auch Menschen mit einem überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten unter einer Epilepsie leiden können.
Diagnose einer Epilepsie
Bei einem epileptischen Anfall verändern sich die vom Gehirn produzierten Hirnströme. Normalerweise feuert jede Hirnzelle mit ihrer eigenen Frequenz, bei einem Anfall jedoch werden die Hirnzellen völlig rhythmisch und synchron. Jede Hirnzelle kommuniziert dann mit der gleichen Frequenz. Mit der Aufzeichnung der vom eigenen Gehirn produzierten Hirnströme mittels eines Elektroenzephalogramms kann man Rückschlüsse auf die Funktion des Gehirns und die individuelle Anfallschwelle ziehen.
Ein einmalig durchgeführtes unauffälliges EEG kann aber eine Epilepsie nicht sicher ausschließen, weil es auch passieren kann, dass sich in der Phase nach einem Anfall oder zwischen zwei Anfällen ein unauffälliges EEG zeigt. Wenn sich aber im EEG epilepsietypische Potenziale zeigen, ist eine Epilepsie bewiesen und ein erneuter Anfall sehr wahrscheinlich.
Behandlung von Epilepsie
Es gibt mittlerweile viele verschiedene Medikamente, welche die Schwelle, ab der es zu Anfällen kommt, heraufsetzen und so Anfälle verhindern können. Einige wirken besser bei den angeborenen Formen, andere bei den durch Narben verursachten. Ziel bei einer Epilepsie ist, dass keine epileptischen Anfälle mehr auftreten. Genauso wichtig ist es aber auch Nebenwirkungsfreiheit, schließlich möchte der Patient ein normales Leben weiter leben.
Weitere Informationen:
www.swissepi.ch
Wikipedia-Beitrag zu Epilepsie