Zwischen den einzelnen Wirbeln unserer Wirbelsäule – bis hoch zum 2. Halswirbel – sitzen die Bandscheiben. Die Bandscheiben sind quasi die Stoßdämpfer der Wirbelsäule und bestehen aus einem weichen gel-artigen Kern, dem Nucelus pulposus, sowie einer rund darum liegenden aus bandartigen, festen Fasern bestehenden Hülle. Falls die Hülle an einer Stelle reißt, kann der im Inneren befindliche Kern austreten. In diesem Fall drückt der weiche Kern der Bandscheibe auf die wichtigen Nervenbahn der Spinalnerven.
Symptome einer Bandscheibenerkrankung
Das oben Beschriebene ist der Auslöser für den klassischen Ischiasschmerz, einem Schmerz, der vom Rücken bis ins Bein zieht. Ein reiner Rückenschmerz ohne Ausstrahlung wird hingegen meist nicht von einem Bandscheibenvorfall verursacht, sondern hat andere Gründe – zum Beispiel eine Arthrose der Gelenke zwischen den Wirbeln.
Erstaunlich ist, dass nicht jeder Bandscheibenvorfall auch automatisch Schmerzen verursachen muss. Probleme macht ein Bandscheibenvorfall nur, wenn er auf eine Nervenwurzel drückt. Zwischen jedem einzelnen, der sich aus 24 freien Wirbeln der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule zusammengesetzten Wirbelsäule, geht jeweils eine Nervenwurzel heraus. Die Nervenwurzeln des Rückenmarks gehen jeweils paarweise – eine nach rechts und eine nach links – durch Löcher in den Rückenwirbeln nach außen und versorgen dann jeweils einen Arm oder ein Bein.
Tritt der Bandscheibenvorfall mittig auf, kann es passieren, dass keine Schmerzen auftreten. Der Grund dafür ist, dass im Spinalkanal selbst viel Platz ist. Erfolgt der Bandscheibenvorfall mehr seitlich rechts oder links, werden die dort verlaufenden Nervenwurzeln eingedrückt. Deshalb ist der Ischiasschmerz auch sehr häufig einseitig, hauptsächlich ein Bein betreffend. Ein kleiner Bandscheibenvorfall kann massive Schmerzen verursachen, weil er seitlich einen Nerv trifft. Ein großer hingegen kann unbemerkt und völlig schmerzfrei sein und nur durch eine Routinekontrolle zufällig entdeckt werden.
Verlauf und Behandlung eines Bandscheibenvorfalls
Die Bandscheibe wird durch Osmose ernährt. Der Teil, der ausgetreten ist, wird also nicht mehr versorgt und wird so – ähnlich wie eine Kirsche, die man geerntet hat – mit der Zeit eintrockenen und schrumpfen. Das heißt, dass nicht jeder Bandscheibenvorfall immer operiert werden muss, sondern viele konservativ behandelt werden können. Bei Bandscheibenvorfällen gibt es drei verschiedene Schweregrade, die sich nicht einfach nur durch die Heftigkeit der Schmerzen unterscheiden:
Stufe Eins: Höllische Schmerzen
Stufe Zwei: Höllische Schmerzen und ein Taubheitsgefühl
Stufe Drei: Keine Schmerzen mehr, aber ein Taubheitsgefühl und Kraftverlust
Die Stufe Drei ist eine absolute Indikation zu einer schnellen Operation. Es besteht die Gefahr, dass der Nerv komplett abstirbt, wenn die Kraftlosigkeit in dem betroffenen von der Nervenwurzel versorgten Muskeln ein bestimmtes Maß überschreitet.
Stufe Eins oder Zwei kann man operieren, wenn der Schmerz nach einiger Zeit nicht nachlässt oder das CT- oder MRT-Bild einen so unglücklich gelegenen oder großen Bandscheibenvorfall zeigt, dass mit einem langen und schwierigen Verlauf gerechnet werden muss.
Eine allgemeine Schwäche des Beins ist meist schmerzbedingt, das heißt man belastet es weniger, weil es halt wehtut. Die Schwäche, die durch eine Schädigung einer Nervenwurzel verursacht wird, ist aber nur auf die Muskelkraft des von dieser Nervenwurzel versorgten einzelnen Kennmuskels beschränkt.
Häufig betroffene Nervenwurzeln an der Halswirbelsäule
Die Nervenwurzel C5
versorgt den M. deltoideus, welcher verantwortlich ist für das seitliche Heben des Oberarms im Schultergelenk. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl am äußeren Oberarm.
Die Nervenwurzel C6
versorgt den M. biceps, welcher verantwortlich ist für das Beugen des Unterarms am Ellenbogen. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl am Daumen und an der Seite des Unterarms, an der der Daumen sitzt.
Die Nervenwurzel C7
versorgt den M. triceps, welcher verantwortlich ist für das Strecken des Unterarms am Ellenbogen. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl am Zeigefinger, dem Mittelfinger und dem Ringfinger sowie für die Mitte der Handfläche.
Die Nervenwurzel C8
versorgt die kleinen Handmuskeln, welche verantwortlich sind für das seitliche Spreizen der Finger. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl am kleinen Finger, der seitlichen Handkante und der Seite des Unterarms, an dem der kleine Finger sitzt.
An der Brustwirbelsäule gibt es seltener Bandscheibenvorfälle, da die Rippen die Beweglichkeit in diesem Bereich einschränken. Wenn es dort doch zu einem Bandscheibenvorfall kommt, strahlen die Schmerzen halbkreisförmig rechts oder links vom Rücken bis zum Brustbein aus.
Häufig betroffene Nervenwurzeln an der Lendenwirbelsäule
Die Nervenwurzel L1/L2/L3
versorgen den M. iliopsoas, welcher verantwortlich ist für das Heben des Oberschenkels in Richtung Brust. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl seitlich von der Hüfte quer über den vorderen Oberschenkel bis nach innen in die Leiste (L1), nach innen zur Mitte des Oberschenkels (L2) oder zum oberen Teil des Knies (L3).
Die Nervenwurzel L4
versorgt den M. quadriceps, welcher verantwortlich ist für das Strecken des Unterschenkels und dem Durchdrücken des Knies. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl seitlich von der Hüfte quer über den vorderen Oberschenkel bis unterhalb des Knies nach innen.
Die Nervenwurzel L5
versorgt den M. tibialis anterior, welcher verantwortlich ist für die Fußhebung und dem Gang auf den Hacken. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl, welches seitlich am Oberschenkel bis zum seitlichen Knie zieht, dann vom seitlichen Knie aus quer über den vorderen Unterschenkel nach innen zum Sprunggelenk und die Innenseite des Fußes.
Die Nervenwurzel S1
versorgt den M. gastrocnemicus, welcher verantwortlich ist für das Gehen auf Zehenspitzen. Weiterhin ist die Nervenwurzel verantwortlich für das Gefühl, welches am Bein außen bis zur Außenkante des Fußes seitlich nach unten zieht („Generalsstreifen“).
Weitere Informationen:
Wikipedia-Beitrag zu Bandscheibenvorfällen